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Gedenkveranstaltung und Ausstellungseröffnung:
in Lauterbach/Hessen am 18. August 2012
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
im Rahmen der diesjährigen 1200-
Gedenkveranstaltung.
Vor 66 Jahren aus der Heimat vertrieben -
Sudetendeutsche erinnern an den erzwungenen Weg
ins hessische Lauterbach -
In der „Knödelallee“ entstanden die ersten Eigenheime in Selbsthilfe
Als 1905 die im Jugendstil gebaute Lauterbacher „Adolf-
Bilder: Erika Quaiser
Nicht so oft dürfte es vorkommen, dass eine Gedenkveranstaltung gerade an dem Ort stattfindet, der für alle zum Beginn eines neuen Lebensabschnittes wurde. In der dafür mit Bedacht gewählten „Adolf-
„Für uns Kinder war die Massenunterbringung in dieser Halle mit all den misslichen Begleitumständen ein weiteres Abenteuer im Rahmen der Zwangsvertreibung, die unsere Mutter immer wieder unter Tränen beklagte, verbunden mit ihrer fortwährend geäußerten Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in die alte sudetendeutsche Heimat“, erinnerte Ortmann in seiner Festansprache. „Mit den mitgebrachten Gepäckstücken gestalteten sich die zugewiesenen Lagerstätten sehr beengt und unhygienisch allemal. Beim ständigen Umräumen der „Mitbringsel“ wollte meine Mutter von mir immer wieder wissen, weshalb ich beim eiligen Zusammenpacken des erlaubten Gepäcks im alten Zuhause vor der Vertreibung ausgerechnet einen recht schweren „Fleischklopfer“ eingepackt hätte“.
„Es waren viele Hürden im Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung zu nehmen. Der Grund dieses im Großen und Ganzen erträglichen Miteinanders war zum einen die gemeinsame deutsche Muttersprache und zum anderen die aus großer Not und unsäglichem Leid herrührende enorme Anpassungsfähigkeit, der Heimatvertriebenen selbst. Wir Vertriebenen kamen zwar materiell arm hier an, aber nicht ohne Schaffenskraft und den ungebrochenen Willen unserer Eltern und Großeltern zu einem lebenswerten Start in einer neuen Heimat“, so Ortmann.
Die berufliche Struktur der „Neubürger“ sei eine große Hilfe gewesen: es waren Landwirte, Handwerker, Kaufleute, Lehrer, Beamte und vielfältige Akademiker unter ihnen. Sie alle verschafften dem wirtschaftlichen Leben in dieser Region einen mächtigen Auftrieb. Aber es sei bei den Berufsaufnahmen auch immer wieder Schwierigkeiten gekommen.
Beispielsweise sei der Vater von Siegbert Ortmann, ein an der Karls-
Behördlicherseits war bekannt, dass die Unterbringung eines Teils der Neubürger nicht als menschenwürdig bezeichnet werden konnte. Die Behebung der Wohnungsnotlage hatte also höchste Priorität und dazu erbrachten die Vertriebenen enorme eigene Anstrengungen, was aber zwischen Einheimischen und Heimatvertriebenen auch immer wieder Befremden und Irritationen auslöste. So wurde beispielsweise eine Straße, in der Einfamilienhäuser für Sudetendeutsche überwiegend in Eigenleistung errichtet wurden, im Volksmund „Knödelallee“ genannt.
SL-
Im Gedenken an unsere Toten sprach Marius Ortmann davon, dass sie heute noch ein tragendes Bindeglied zu unserer Heimat sind. Er erinnerte an die Opfer des 4. März 1919 in Böhmen und Mähren. Die damaligen 54 Toten dokumentierten aller Welt, dass das sudetendeutsche Problem schon Jahre vor dem Hitlerregime akut war. Er gedachte aller verstorbenen Vorfahren im ehemaligen Sudetenland. Ihre Gräber weiter zu erhalten und zu pflegen sollte uns Verpflichtung sein.
Sein Gedenken galt aber in besonderem Maße jenen sudetendeutschen Frauen, Kindern und Männern, die in den Wirren der Jahre 1945-
In seinem Grußwort sprach der Lauterbacher Bürgermeister Rainer-
Grüße vom Kreisausschuss und dem Kreistagsvorsitzenden Jürgen Ackermann überbrachte Landrat Manfred Görig. Die Sudetendeutschen blicken auf eine 800-
An der Zuversicht, die damals die Heimatvertriebenen besaßen, sollte man sich heute ein Beispiel nehmen. Sein Wunsch ist es, dass die eine oder andere Schulklasse den Weg in die Ausstellung findet.
Margarete Ziegler-
„Die Sudetendeutschen haben sich nach ihrer Vertreibung ihre Liebe zur verlorenen Heimat erhalten und bilden heute die Brücke zu ihren jahrhundertealten Siedlungsgebieten.
Geblieben seien die kulturellen Zeugen der Vergangenheit, so dass man mit Recht sagen könne, dass die Steine in Reichenberg und Eger genauso deutsch sprechen wie in Troppau und Karlsbad“ führte sie unter Beifall aus.
Der Verlust der Heimat verursache auch nach mehr als einem halben Jahrhundert Schmerz und Trauer. Dieser seelische Schmerz werde jedoch verdrängt, weil es bis heute nicht opportun sei, von deutschen Opfern zu sprechen.
Man möchte aber erzählen dürfen von Flucht und Vertreibung! So habe Günter Grass in seinem Buch „Im Krebsgang“ aus dem Jahr 2001 auf Seite 99 formuliert, Zitat: „Niemals hätte man über so viel Leid, nur weil die eigene Schuld übermächtig und bekennende Reue in all den Jahren vordringlich gewesen sei, schweigen, das gemiedene Thema den Rechtsgestrickten überlassen dürfen. Dieses Versäumnis ist bodenlos.“ Ende Zitat. Eine bemerkenswerte Feststellung am Schluß ihrer Ansprache, ließ die Versammelten aufhorchen: „Ich persönlich bin davon überzeigt, dass die Zeit für die Aufarbeitung dieses Traumas in seiner ganzen grausamen Dimension erst noch kommen wird“.
BdV-
Aber die Rechnung des Diktators ging nicht auf. Wir deutschen Heimatvertriebenen wurden nicht zur sozialen Atombombe im Herzen Europas. Wir haben unser geistiges Fluchtgepäck ausgepackt! Wir haben Häuser gebaut – und nicht Häuser besetzt! Wir sind in Lumpen gekommen, aber nicht zu Lumpen geworden. Mit Fleiß, Ausdauer, Genügsamkeit und Opferbereitschaft haben wir Heimatvertriebenen am Wiederaufbau unseres Vaterlandes mitgewirkt und so mitgeholfen, dass aus Trümmern Fundamente wurden. Deshalb sollten nicht nur Erinnerung, Wehmut und Trauer diese heutige Gedenkveranstaltung bestimmen, sondern vielmehr Freude, Stolz und Dankbarkeit unser Herz erfüllen. Mit seinem Motto: „Die Zukunft gehört den Handelnden und nicht den Klagenden“ schloß Herold seine mit viel Beifall bedachte Ansprache.
Während der feierlichen Gedenkveranstaltung wurde auch die Ausstellung „ Die Sudetendeutschen – eine Volksgruppe in Europa“ eröffnet. Die Ausstellung wurde bewusst und in Erinnerung an das damalige „Sammelllager“ nach Lauterbach geholt. Durch sie wird deutlich, dass die Geschichte der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien schon vor 800 Jahren begann.
Sie ist geeignet, besonders Schülern und Jugendlichen das Wissen um die sudetendeutsche Geschichte, als Teil der gesamtdeutschen, näher zu bringen.
Verbrechen der Vergangenheit -
Die Schautafeln zeigen chronologisch die Geschichte der Bevölkerungsgruppe, ab dem Beginn in Böhmen, Mähren und Südschlesien im 12. Jahrhundert. In Prag geht sie sogar auf das 9. -
Dazwischen liegt eine wechselvolle Zeit, wie das Dekret der Kaiserin Maria Theresia zur Förderung der „böhmischen“ -
Neben den Schautafeln, gab es auf der Bühne noch einen besonderen Anschauungsunterricht, der die Vorgänge des Jahres 1946 anschaulich ins Gedächtnis zurückrief: einfache Transportkisten und Leinensäcke zum Verpacken der wenigen persönliche Gegenstände, die bei der Vertreibung mitgenommen werden konnten. Einen Strohsack behalten zu dürfen, war schon großes Glück.